Als Krumpfz‘ noch zur Tagesmutter ging, verging kein Tag ohne Bauer Toni. Bauer Toni ist der Nachbar von Krumpfz‘ Tagesmutter und sein Hof liegt gegenüber ihres Hauses. Bauer Toni hat Pferde, Kühe, einen neuen, roten Massey Furgson, einen alten roten Schlepper – und offenbar so viele Felder zu bestellen, dass kaum ein Tag bei der Tagesmutter verging, beim dem Krumpfz‘ nicht von der Abfahrt des Bauern auf seinem Massey Furgson (samt diverser Anhängsel) berichtete. Selbst jetzt, wo Krumpfz schon in den Kindergarten geht, winkt er Bauer Toni noch immer fröhlich zu, wenn wir an seinem Bauernhof vorbeifahren. Nicht, dass Bauer Toni davon wüsste – das macht aber Krumpfz nichts aus. Er winkt.
Dementsprechend hat Krumpfz‘ Berufsfindungsprozess nun ein abruptes Ende gefunden: „Wenn ich groß bin, werde ich Traktorfahrer!“, sagt Krumpfz nun immer, wenn es um sein Wachstum geht. Wobei Großsein hier bedeutet, so groß wie sein Opa Micha zu werden.
Am liebsten würde Krumpfz aber sofort Traktorfahrer werden und Bauer Toni auf den Feldern helfen. Neulich fragte er mich deshalb darüber aus, was man eigentlich braucht, um Traktorfahrer zu werden. „Naja, zunächst musst du so lange Beine haben, dass du auch an das Gaspedal, Kupplung und Bremse kommst…“, begann ich. „Ich bin schon gewachsen!“, fiel mir Krumpfz ins Wort. „… und du brauchst einen Führerschein.“ „Wenn ich keinen Führerschein habe?“ „Dann kommt die Polizei und schimpft und du bekommst eine Strafe.“
Wohl wegen der Vorstellung, es mit der schimpfenden Polizei zu tun zu bekommen, will Krumpfz jetzt doch warten, bis er groß genug ist, um den Traktor-Führerschein zu machen. Danach will er für immer Traktor fahren – und zwar sowohl auf dem Bauernhof, als auch auf der Baustelle. Die passende Berufsbezeichnung wäre demnach „freiberuflicher Traktorfahrer“. Die Idee, einen Bauernhof zu haben, findet er dagegen nicht mehr so attraktiv wie noch vor ein paar Monaten.
Sein Leben als Großer soll stattdessen vor allem vom Traktorfahren bestimmt werden. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für anderes. Vor zwei Wochen etwa entspann sich darum folgender Dialog beim Ins-Bett-Bringen:
Krumpfz: „Mama, bleib‘ bei mich!“
Ich: „Ich gehe doch nicht weg!“
Krumpfz: „Wann warst du denn schon mal weg?“
Ich: „Letztes Jahr war ich mit Papa mal eine Nacht weg auf einem Konzert in Luxemburg und Oma und Opa haben auf dich aufgepasst.“
Krumpfz: „Warum in Luxemburg?“
Ich: „Weil da eine Band gespielt hat, die wir sehr mögen.“ (deus, um genau zu sein.)
Krumpfz: „Warum warst du da?“
Ich: „Weil so ein Konzert Spaß macht. Da spielt die Band auf der Bühne und man kann hüpfen, tanzen und mitsingen. Wenn du größer bist, nehmen wir dich mal mit auf ein Konzert.“
Krumpfz: „Neeeeein. Ich will doch Traktorfahrer werden! Oh, Mama!“
Ähnlich entrüstet reagierte Krumpfz, als ich ihm im Badezimmer, wo sein Papa lautstark einen amerikanischen NFL-Podcast hörte, Tage später vorschlug, irgendwann Englisch zu lernen. „Nein, Mama, ich will das nicht! Ich will Traktorfahrer werden.“ Selbst der Idee, später der Freiwilligen Feuerwehr beizutreten (so wie es sein Kindergartenfreund Bob* vorhat), konnte Krumpfz nichts abgewinnen: „Ich will doch Traktorfahrer werden! Mann, Mama!“
Naja, Bauer Toni würde sich in 13 Jahren sicher über einen Auszubildenden freuen – der dann auch bei ihm einziehen will (so zumindest Krumpfz‘ Plan). Vielleicht sollte ich die Bewerbungsunterlagen schon vorbereiten? Ein Empfehlungsschreiben hätte Krumpfz ja jetzt schon – nämlich diesen Text.
*der in Wirklichkeit anders heißt