Krumpfz hat mich verändert. Dieser Satz stimmt in vielerlei Hinsicht. Aber vor allem musikalisch. Noch vor ein paar Monaten habe ich hier über meine Zurückhaltung geschrieben, Krumpfz etwas vorzusingen. Das hat sich inzwischen komplett ins Gegenteil verkehrt: Ich singe hemmungslos, fast überall und immer – leider nicht viel besser als noch vor ein paar Monaten.
Alles begann damit, dass mir mein eingeschränktes Repertoire an Kinderliedern nach ein paar Monaten mit Krumpfz ganz schön auf die Nerven ging: immer die gleichen Lieder, immer die gleichen Leerstellen! Also kaufte ich ein erstes Kinderliederbuch für ihn (oder eigentlich: für mich). Als ich es zu Hause aufschlug, war es, als öffnete ich die musikalische Büchse der Pandora. Darin: alle Lieder meiner Kindheit. Ich war gerührt und begeistert zugleich und begann sofort, Krumpfz meine Lieblingslieder vorzusingen.
Das war im Nachhinein betrachtet natürlich ein Fehler. Schließlich bahnen sich Kinderlieder besonders schnell ihren Weg durch den Gehörgang ins Gedächtnis. Man denke nur an die „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ – einmal angefangen, bekommt man es nicht mehr aus dem Kopf! Oder „Der Kuckuck und der Esel“ – eine kleine Dosis genüg und das Lied hat sich in den Gedanken festgesetzt. Wenn ich dann noch wenig geschlafen habe, komme ich von einem Kinderlied gar nicht mehr runter und bin in einem wahren Rausch gefangen. Selbst wenn ich mir fest vornehme, das JETZT WIRKLICH SCHLUSS IST MIT DEM LIED, dann ertappe ich mich Minuten später dabei, wie ich es erneut vor mich hin summe – leider auch gerne im Supermarkt, beim Spazierengehen oder wo auch sonst mein Gehirn das Lied plötzlich rückkoppelt. Mitunter variiere ich dabei den Text: „Die Mama und der Krumpfzi, die gingen mal spazier’n…“ Ich wundere mich ehrlich gesagt, dass noch kein Außenstehender auf die Idee gekommen ist, mich irgendwo einzuweisen…
So richtig schlimm wurde es mit meiner Kinderlieder-Obsession aber erst, als mir (bedingt durch das Öffnen besagter Büchse) „Anne Kaffeekanne“ von Fredrik Vahle wieder einfiel. Dieses Kinderlieder-Album hatte ich als kleines Mädchen geliebt! Die Kassette von damals ist natürlich längst verschollen, aber im Internet findet man ja alles – so auch „Anne Kaffeekanne“ auf CD.
Kaum zu Hause in den CD-Player gelegt (ja, wir haben sowas noch!), entfaltete „Anne Kaffeekanne“ ihre fatale Wirkung. Denn die Melodien und Texte von Fredrik Vahle sind neben 90er-Evergreens wie „Barbie Girl“ oder „Cotton Eye Joe“ die hartnäckigsten Ohrwürmer, die ich kenne. Noch Tage nach dem letzten Hören kann ich nicht anders als „Schwuppdiwupp, die Leni, hoppeldipoppeldipopp“ immer und immer wieder anzustimmen oder „Kawuras ke kawuraki, kawurika kawuras“ wie aus dem Nichts (und nicht ohne Stolz ob des gemeisterten Zungenbrechers!) zu intonieren.
Verstärkt wird meine Sucht durch das Echo meines Mannes, der sich – gerade in Elternzeit – den Vahle-Lieder ebenfalls nicht widersetzen kann und genauso singsummend durch die Wohnung und Welt läuft wie ich. Erst heute Morgen begrüßte er Krumpfz mit einem wiederholten „Der Elefant…borombombom… kommt angerannt… borombombom!“
Und Krumpfz? Der beobachtet uns mit anhaltendem Interesse, hört uns zu und findet uns insgesamt ziemlich witzig. Ich hoffe, dass wir es schaffen, diese ganzen Ohrwürmer wieder vergessen haben, bevor wir ihm peinlich werden. Aber dafür haben wir ja noch ein zwölf Jahre Zeit.