Daddy’s car und Mamis Darling

Allgemein

Letztens war einer dieser Tage, an denen ich im Kindermodengeschäft um die Ecke endete. Zuvor hatten Krumpfz und ich eine kleine Meinungsverschiedenheit über die Gestaltung der nächsten Stunden gehabt. Während ich einen Mittagsschlaf für angemessen hielt (schließlich wollte ich auch mal etwas essen!), machte Krumpfz durch lautstarkes Schreien seinen gegenteiligen Standpunkt klar. Mit leerem Magen griff ich zum letzten Mittel: dem Tragetuch. Unter ohrenbetäubendem Protest band ich Krumpfz ein und verließ überhastet die Wohnung, um den Kleinen durch die ständige Stimulation seines Gleichgewichtssinns endlich zur Ruhe zu bringen.

Und dann stand ich da, vor unserem Haus, und wusste gar nicht, wohin. Denn eigentlich hatte ich ja nur eins: Hunger. Da eine Rückkehr in die Wohnung neues Geschrei bedeutet hätte, trat ich zügig meinen gewohnten Rundweg durch die Stadt an, der mich schließlich unweigerlich am Kindermodengeschäft vorbeiführte. Ich konnte nicht widerstehen und trat ein.

Und ja, ich muss zugeben, ich war schon immer konsumfreudig. Aber seit ich Baby-Klamotten für meinen Sohn kaufen kann, bin ich es noch mehr. Meine Entschuldigung: Das sind die Hormone. Glasklar.

Wobei mich solche Geschäfte schnell frustrieren. Denn sie sind immer in zwei Sektoren unterteilt: den blau-grauen und den rosa-grauen. Jungs und Mädchen. Oder in Fashion-Deutsch: Babyboys und Babygirls.

Warum mich das frustriert? Weil ich immer der Meinung war, dass unsere Gesellschaft weiter ist und Geschlechterklischees auf dem Rückzug sind. Ich wurde in den letzten Wochen eines Besseren belehrt.

Nehmen wir mal die Mode für Jungs (da kenne ich mich besser aus): Die vorherrschende Farbe ist Dunkelblau und das dominierende Motiv sind Fahrzeuge aller Art. Auch wir haben dafür genug Beispiele in Krumpfz’ Wickelkommode. Viele davon waren Geschenke zur Geburt. Mein persönliches Highlight ist dabei ein grauer Pullover mit blauem Fahrzeug, darunter der Schriftzug „Daddy’s Car“. Wenn man genauer hinschaut erkennt man: Papas Karre ist – kein Witz – ein Abschleppwagen. Klar, den nennt schließlich auch jeder durchschnittliche Familienvater sein Eigen.

Oder die Sache mit den Eulen. Geboren in der Region mit dem größten Vogelpark der Welt kenne ich mich aus mit diesen nachtaktiven Vögeln. In Gefangenschaft machen sie vor allem eins: auf einem Baumstumpf sitzen und schlechtgelaunt dem Parkbesucher entgegenstarren. Warum Eulen trotzdem ständig für (natürlich lila-flieder-rosafarben gehaltene) Mädchen-Bodys und -Pullover herhalten müssen, ist mir deshalb ein Rätsel. Natürlich sind diese Eulen supersüß und haben – wenn es ganz schlimm kommt – noch ein Schleifchen im Gefieder. Dabei hätte Krumpfz sicher auch gerne einen Eulen-Pullover (dann aber mit einem miesepetrigen Exemplar!).

Jungs stehen also auf Papas Abschleppwagen, Mädels auf süße Schleifchen-Eulen. Aber damit nicht genug: Jungs sind „Krawallkrümel“ und „sound machines“, Mädels sind „Mamis Darling“ und „cute as candy“. Mehr Klischee geht nicht.

Allein deswegen fällt es mir dann doch oft schwer, etwas für Krumpfz zu kaufen. Neulich war ich deswegen schon so verzweifelt, dass ich im Internet nach „genderneutraler Babykleidung“ suchte. Der erste Treffer: ein Blog, der als Lösung die Farben Weiß und Grau präsentierte. Großartig! „Fifty Shades of Grey“ als geschlechtsübergreifender Konsens? Was ist mit Rot, Grün und Gelb?

Da Grau, Blau und Rosa auch den Kindermodenladen hier um die Ecke dominieren (aber auch, weil ich den Topf voll Gold am Ende des Regenbogens noch immer nicht gefunden habe), verließen Krumpfz und ich den Laden am Ende ohne neue Klamotte. Dafür war mein Sohnemann inzwischen friedlich eingeschlafen. Und ich tröstete mich damit, dass wir zu Hause ja durchaus genderneutrale Kleidung für ihn haben. Gebraucht. Aus meiner eigenen Babyzeit. Zum Beispiel einen roten Strampler. Mit Autos drauf. Vor 33 Jahren war man da also schon mal weiter. Erstaunlich.

Der rote Strampler. Nicht von Krumpfz präsentiert, sondern von seiner Mama. Auf einem Retro-Sofa der 80er.

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